Kastration der Hündin

Die der am häufigsten gestellten Fragen in der Kleintierpraxis lautet: Sollen wir unsere

Hündin sterilisieren bzw. kastrieren lassen und wenn ja, wann? Leider kursieren zu

dieser Frage noch viele wissenschaftlich nicht fundierte Gerüchte. Zunächst einmal

handelt es sich in aller Regel tatsächlich um eine Kastration und nicht um eine Sterilisation, da die Keimdrüsen (Eierstöcke) entfernt und nicht nur abgebunden werden. Ansonsten würde weiterhin eine Läufigkeit mit all ihren unerwünschten Begleiterscheinungen stattfinden. Zu den häufigsten Beweggründen für eine Kastration gehören Haltungserleichterung sowie Krankheits- und Trächtigkeitsvorbeugung. Die Experten sind

sich momentan einig, dass bei Familienhunden, mit denen sicher nie gezüchtet werden soll, der Eingriff möglichst vor der ersten Läufigkeit erfolgen sollte. Das Brusttumorrisiko verringert sich dadurch von 26% bei unkastrierten Hündinnen auf 0,5%. Sollte aus irgendeinem Grund die erste Läufigkeit doch stattfinden, ist das Brusttumorrisiko immer noch deutlich niedriger, wenn die Kastration noch vor der zweiten Läufigkeit durchgeführt wird, da ab der zweiten

Läufigkeit dieses Risiko in etwa dem einer unkastrierten Hündin entspricht. Auch die Gefahr der Harninkontinenz scheint bei frühkastrierten Hündinnen nur halb so groß (5-13%) zu sein wie bei spätkastrierten (10-30%). Große Hunderassen sind etwas häufiger betroffen als kleine. Die Entstehung der Inkontinenz scheint weniger mit der OP-Technik zu tun zu haben, sondern wird durch eine Summe anderer Faktoren beeinflusst, wobei eine gewisse Grundveranlagung des Patienten eine wesentliche Rolle spielt. Sollte tatsächlich eine Inkontinenz entstehen, sei es bei kastrierten oder auch bei einer unkastrierten Hündin, ist sie fast immer durch gut verträgliche Medikamente in den Griff zu kriegen. Eine weitere gefürchtete Begleiterscheinung ist die sich möglicherweise entwickelnde Gewichtszunahme. Hierbei ist ganz klar festzustellen, dass Hunde, die von Haus aus vernünftig ernährt werden, nur selten dieses Problem zeigen, auch wenn ein gesteigerter Appetit und verbesserte

Futterverwertung vorhanden sein sollte. Leichte Fellveränderungen sind in der Tat

gelegentlich bei langhaarigen Rassen (z.B. Irish Setter und Cocker Spaniel)

festzustellen. Bei kurzhaarigen Rassen kann selten ein lichtes Fell an den Flanken

auffallen. Theorien bezüglich verminderter Intelligenz, erhöhtem Spieltrieb oder sogar

Verhaltenstörungen bei frühkastrierten Hündinnen sind sehr umstritten und gelten als nicht eindeutig belegt. Die Tierärzteschaft ist überwiegend der Ansicht, das trotz all dieser möglichen Probleme, inklusive dem sicher stets in geringem Umfang vorhandenen

Operations- und Narkoserisiko, die Vorteile zu überwiegen scheinen. Neben dem

praktisch nicht mehr vorhandenen Brusttumorrisiko, ist auch die Entstehung

einer Gebärmuttervereiterung oder die Entwicklung von Tumoren an den inneren

Geschlechtsorganen nicht mehr möglich. Diese werden in der Regel weitestgehend

mit den Eierstöcken entfernt. Mit einer Scheinträchtigkeit ist ebenfalls nicht mehr

zu rechnen. Die mit Abstand schlechteste Lösung ist die Unterdrückung der Läufigkeit mittels

Hormongaben, da diese das Risiko von Tumorbildung oder Gebärmuttervereiterung

zusätzlich ansteigen lassen. Diese Vorgehensweise ist vorübergehend nur bei

Zucht- oder Ausstellungstieren vertretbar. Welche Vor- oder Nachteile man als wesentlich

erachtet, muss jeder Tierbesitzer dann doch selbst entscheiden.

Verfasser: Dr. Christian Ebenböck

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